Rollstuhlgerechte Innenstadt

Rollstuhlgerechte Innenstadt

"Im Kurhaus bräuchten Rollstuhlfahrer Flügel"
Eine Aktion aus dem Jahre 2002

Hohe Bordsteinkanten, schwere Türen, Stolpersteine - die Kurstadt stellt Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte stellenweise vor unüberwindliche Hindernisse. Die Bad Homburger Selbsthilfegruppe Samson hat Hürden und Barrieren untersucht und will mit dem Oberbürgermeister über Verbesserungen sprechen.

Der Kurhausvorplatz ist für Ramona Hemsath ein unüberwindlicher Berg. Ohne fremde Hilfe schafft sie die Steigung im Rollstuhl nicht. Als sportliche Rollstuhlfahrerin mit Kraft in den Armen hätte sie bergauf wenig Schwierigkeiten. Doch ihre Arme sind oft bleischwer, die Krankheit Multiple Sklerose (MS) nimmt ihr die Kraft.

Auch für Mitglieder der MS-Selbsthilfegruppe Samson, die zu Fuß gehen können, sind Ausflüge in der Kurstadt beschwerlich. Stufen hindern die Gebehinderten daran, Gebäude zu betreten. Grobes Pflaster am Finanzamt und Teppiche in Ladeneingängen werden zu Stolperfallen. Im Kurpark stören gepflasterte Querrinnen in den Wegen. "Entweder man ignoriert es oder versucht, mit entsprechenden Leuten bei der Stadt Kontakt aufzunehmen", sagt Hemsath.

Die Gruppe Samson, die sich vergangenes Jahr gründete und etwa 30 Mitglieder zählt (Stand 2002), entschloss sich, mit Oberbürgermeister Reinhard A. Wolters (CDU) und Bau-Stadtrat Michael Korwisi (Bündnis 90/Grüne) zu reden. Die Behinderten wollten ihnen vortragen, wo sie in Bad Homburg auf Hindernisse gestoßen sind.

Bei einem Rollstuhl-Spaziergang durch die Louisenstraße sollen die Politiker sich davon ein Bild machen. Hemsath und Toni Tischlik haben im Rollstuhl Parkhäuser, Behindertenparkplätze, Straßen und Plätze untersucht. Ein Stadtführer für Behinderte, den die Stadt 2001 herausgegeben hat, weist zwar auf Parkplätze, Zugangsmöglichkeiten und Toiletten für Behinderte hin. Doch die Suche nach dem Behinderten-WC im Kurhaus gestaltet sich wie eine Schnitzeljagd. Kein Symbol weist auf das Behinderten-WC hin. "Man muss dem Schild zur öffentlichen Toilette folgen", weiß Hemsath jetzt. Hat sie diese im Parkhaus gefunden, sieht sie an der Tür ein Schild mit dem Hinweis, dass Rollstuhlfahrer den Toiletten-Schlüssel beim Pförtner zwei Etagen höher bekommen. Das WC für sie befindet sich schließlich in der Theatergarderobe in der Ladengalerie ein Stockwerk darunter. Dorthin fährt allerdings nur einer von zwei Aufzügen, steigt sie aus dem anderen aus, steht sie vor Treppen. "Darüber hat sich einfach niemand Gedanken gemacht", bedauert eine Frau aus der Gruppe.Nicht zu Ende gedacht haben Planer auch bei den Parkplätzen am Rathaus. Vor dem Gebäude gibt es keine Stellplätze für Behinderte. Gegenüber ist die Bordsteinkante an den zwei Behindertenparkplätzen so hoch, dass Rollstuhlfahrer nicht über die Straße kommen. Um die Türen der Parkhaus-Tiefgarage zu öffnen, haben sie Hemsath zufolge "richtig Arbeit".

Die Wege im Rathaus können sie nach Auskunft von Pressesprecherin Roswitha Hoflender allerdings abkürzen: Behinderte können die Bediensteten zu sich in den Stadtladen bitten und sich dort auch in einem getrennten Zimmer beraten lassen.

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